Fetzende Famosgesellen und andere Begleiter

Beim ziellosen Hinundherschlendern durch Blogs und Kommentare, online prokrastinierend und sozusagen fliehend vor allen Reallebenbedürfnissen kam mir heute einmal wieder die eigentliche Merkwürdigkeit der Onlineschreiberei in den Sinn. Nun blogge ich seit anderthalb Jahren, mal mehr, mal weniger regelmäßig, über alles, was mir so einfällt. Im ersten Jahr schrieb ich fast ganz für mich alleine, ein virtuelles Tagebuch sozusagen, öffentlich verfügbar aber weitestgehend unbeachtet. Dann, ich weiß nicht wie, stießen die ersten Personen dazu, kommentierten und folgten, was der Schreiberei einen ganz neuen Anstrich verlieh: Auf einmal war da ein Publikum, und aus dem fürmichschreiben wurde ein fürmichundandereschreiben, ein größerer Anspruch, aber mit einem viel größeren Lohn, nämlich der Gedankenaustausch mit anderen Menschen, von denen ich nichts weiter kenne als Pseudonyme, die mit der Realität viel oder wenig gemeinsam haben können, das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob Frau Käthe Knobloch auch im Alltag so eloquent mit Wörtern jongliert, ob Sir Alec Guinness stets pragmatisch-vernünftig handelt, ob Ben Fröhlich seine Lebenslust auch außerhalb seiner Texte zeigt, ob MmeContraires feinsinnige Gedankenweberei auch offline sichtbar wird, ob Candy Bukowski im wahren Leben die leidenschaftlich-starke Frau ist, die aus ihren Texten spricht. Aber, und das ist das Erstaunlichschöne daran: Obwohl ich niemanden davon in Wirklichkeit kenne, von niemandem die Telefonnummer eingespeichert habe, noch nie mit jemandem zum Picknicken im Park verabredet war, fühlt es sich beinahe wie Freundschaft an, in ihrer platonischsten Ausprägung. Ich habe noch kein Gesicht gesehen, aber durfte in Seelen spitzen, und das ist unendlich wertvoller. Ich hebe das (imaginäre, es ist schließlich noch Vormittag) Glas auf all die Menschen hinter den Blogs, die ihre Gedanken teilen mit uns. Sentimentalgefärbterherzchenförmiger Dank.