Eigentlich geht es doch immer nur darum: zu funktionieren. Sei eine gute Tochter, eine leidenschaftliche Geliebte, eine beste Freundin, eine fröhliche Kollegin. Sei nicht: schlecht gelaunt, zu spät, unausgeschlafen, nicht vorbereitet, unkonzentriert. Du hast doch ein gutes Leben, was willst du noch? Du hast eine Familie, einen Partner, Freunde, du hast eine Wohnung, ein Auto, einen Job, du bist gesund. Da ist die Freundin, die betrogen und verlassen wurde, da ist die Kollegin mit dem Autounfall. Menschen werden unterdrückt und bombardiert und gefoltert und ertrinken im Mittelmeer. Du kannst doch nicht in deiner Stadtwohnung in zentraler Lage die Nachrichten schauen und danach noch ernsthaft über deine Situation jammern! Nein, du hast ein gutes Leben, und dafür muss man eben auch mal etwas tun. Also reiß dich zusammen, steh früh auf, erledige deine Arbeit, sei nett und höflich und zuvorkommend, lästere nicht über andere, biete Älteren deinen Platz in der U-Bahn an, kaufe Bio, fahre nicht schwarz, telefoniere mindestens wöchentlich mit deiner Mutter, denk an den Geburtstag deiner Großtante, unternehme regelmäßig und bestens gelaunt Dinge mit deinen Freunden, sei zugleich sexy und zärtlich und wild für deinen Liebsten, gieß die Blumen, mache Sport, trink nicht zu viel, koche frisch. Funktioniere. Ist doch gar nicht so schwierig.
Ich nehme an du meinst das ironisch oder? Ich bin immer für Authentizität, auch wenn ich dadurch Ablehung erfahre, der Freundeskreis sich ausdehnt, die Arbeitskollegen die Augen rollen etc. Who care? Ist mein Leben und das ist zu kurz und daher wertvoll! Fazit: Verschwende nicht eure Zeit es anderen recht zu machen, macht es euch selbst recht!
Dieses Funktionieren funktioniert eben nicht, Liebes. Dieses Funktionieren macht uns dauerhaft krank. Weil es hapert im Denkgetriebe und wir ignorieren das Geknarze und Geschepper und schmieren uns mit Achichhabsjagutaltöl und machen einfach weiter, bis es kracht. Eine gute Freundin schrub mir einmal: „Jeder hat das Recht auf seine Vergrimmung.“ So ist es! Natürlich dürfen wir den eigenen Wohlstand nicht vergessen, doch nur funktionieren um des Funktionierenswillen, nein, da muß auch mal die Faust auf’n Tisch aufdonnern und ein Wutgeheul ertönen.
Paßgutaufdichaufgrüße, deine Käthe, herzfein zugetan.
Danke, meine Liebe. Das mit dem Recht auf die eigene Vergrimmung werde ich mir merken. Heute ists auch schon viel besser als vor drei Tagen. Ich grüße dich von Herz zu Herz, die Deine.
puh, klingt anstrengend. immer nur müssen, das tut nicht gut.
Manchmal kommt es einem so vor, als ob das Leben nur aus Imperativen besteht. Viele davon sicher auch selbstgemacht, aber das macht es nicht unbedingt leichter, sie los zu werden.
Man muss sterben und Steuern zahlen. Das war es.
Ansonsten einfach inne halten und sich freuen, dass manche Dinge durchaus schlechter laufen könnten
Das könnten sie, da hast du Recht.
Zu funktionieren, wie andere es wollen, ist immer schwierig. Daher mache ich das nicht.